Die 5 häufigsten Verhaltensmuster im E-Commerce
Warum klicken wir auf einen Link? Weshalb legen wir ein Produkt in den Warenkorb, obwohl wir es nicht brauchen? Wieso kaufen wir manche Dinge zweimal und legen andere kurz vor dem Check-out wieder zurück? Der Grund dafür liegt möglicherweise in einem E-Commerce Verhaltensmuster, das beim Online-Shopping in unserem Unterbewusstsein abläuft.
Wissenschaftler haben längst analysiert, welche Behavior Patterns im Web eine Rolle spielen. In der Literatur finden sich mehr als 100 relevante solcher Muster. Hier die fünf (meiner Erfahrung nach) wichtigsten psychologischen Trigger, mit denen Conversion Optimierer das Verhalten der Nutzer auf ihren Websites lenken und somit den Umsatz steigern können.
Scarcity
Das Verhaltensmuster „Scarcity“ bezieht sich auf das Phänomen, dass Menschen dazu neigen, knappe Ressourcen höher zu bewerten und entsprechend zu handeln. Es basiert auf der Annahme, dass Menschen empfindlicher auf den Mangel an verfügbaren Ressourcen reagieren, sei es Zeit, Geld, Nahrung oder andere Güter.
Bei der Conversion Optimierung kann das Scarcity-Verhaltensmuster auf verschiedene Weisen angewendet werden, um das Kundenverhalten zu beeinflussen und den Umsatz zu steigern:
- Knappheit von Produkten: Durch das Anzeigen von begrenzten Beständen oder das Hervorheben von Produkten, die „schnell ausverkauft“ sind, kann der Eindruck erzeugt werden, dass bestimmte Artikel begehrt und daher wertvoll sind. Dies kann die Kauflust der Kunden steigern.
- Zeitliche Begrenzung von Angeboten: Das Einrichten von zeitlich begrenzten Sonderangeboten oder Rabattaktionen kann ein Gefühl der Dringlichkeit erzeugen. Wenn Kunden das Gefühl haben, dass sie eine begrenzte Zeit haben, um von einem Angebot zu profitieren, sind sie eher geneigt, sofort zu kaufen, anstatt zu zögern.
- Begrenzte Verfügbarkeit von Sondereditionen: Die Einführung von speziellen oder limitierten Editionen von Produkten kann die Wertschätzung und den Wunsch der Kunden erhöhen, diese Produkte zu erwerben, bevor sie nicht mehr verfügbar sind.
- Countdown-Timer und Live-Inventar: Die Verwendung von Countdown-Timern oder Live-Inventar-Updates kann die Illusion von Knappheit verstärken, indem Kunden sehen, wie viele Produkte noch verfügbar sind oder wie viel Zeit für ein Sonderangebot bleibt.
- Personalisierte Benachrichtigungen: Das Senden von personalisierten Benachrichtigungen an Kunden, die sie darüber informieren, wenn ein Produkt, das sie interessiert, knapp wird oder wieder verfügbar ist, kann den Kaufanreiz erhöhen.

Social Proof
Das Verhaltensmuster „Social Proof“ bezieht sich auf die Tendenz von Menschen, das Verhalten anderer als Anleitung für ihr eigenes Handeln zu betrachten, insbesondere in unsicheren oder unklaren Situationen. Im E-Commerce wird Social Proof genutzt, um das Vertrauen der Kunden zu stärken und ihre Kaufentscheidungen zu beeinflussen, indem positive Signale oder Beweise für die Beliebtheit oder Zufriedenheit mit einem Produkt oder einer Dienstleistung präsentiert werden.
Hier sind fünf kreative und häufig anzutreffende Beispiele für die Anwendung von Social Proof im E-Commerce:
- Kundenbewertungen und Rezensionen: Das Anzeigen von Bewertungen und Rezensionen von Kunden direkt auf der Produktseite ist eine der bekanntesten und effektivsten Formen von Social Proof. Kunden vertrauen oft den Erfahrungen anderer Kunden und lassen sich davon beeinflussen, ob sie ein Produkt kaufen oder nicht.
- Soziale Medienintegration: Die Integration von Social-Media-Widgets auf Produktseiten, die zeigen, wie viele „Likes“, Shares oder Kommentare ein Produkt erhalten hat, kann als Social Proof dienen. Kunden sehen dadurch, dass andere Menschen Interesse an dem Produkt gezeigt haben, was ihre Kaufentscheidung positiv beeinflussen kann.
- Kundenfotos und -videos: Das Teilen von Kundenfotos oder -videos, die das Produkt in Aktion zeigen oder wie zufriedene Kunden es verwenden, kann die Glaubwürdigkeit erhöhen und anderen potenziellen Käufern helfen, sich besser vorzustellen, wie das Produkt in ihrem eigenen Leben aussehen könnte.
- Zertifizierungen und Auszeichnungen: Die Darstellung von Zertifizierungen, Auszeichnungen oder Siegeln von vertrauenswürdigen Organisationen oder Branchenverbänden kann als Social Proof dienen, indem sie das Vertrauen der Kunden in die Qualität oder Sicherheit des Produkts stärken.
- Live-Benachrichtigungen über Käufe: Das Anzeigen von Live-Benachrichtigungen über kürzlich getätigte Käufe anderer Kunden, entweder als Popup-Benachrichtigung oder als Aktualisierung im Produktbereich, kann einen Eindruck von Aktivität und Beliebtheit vermitteln und das Gefühl der Dringlichkeit verstärken.
Durch die geschickte Integration von Social Proof-Elementen können Online-Shops das Vertrauen der Kunden stärken, die Glaubwürdigkeit ihrer Produkte erhöhen und letztendlich die Konversionsraten verbessern.
Social Proof und Scarcity gemeinsam einsetzen
Bei der Conversion Optimierung wird häufig versucht, die beiden E-Commerce Verhaltensmuster „Scarcity“ (Knappheit) und „Social Proof“ (Sozialer Beweis) zusammen zu adressieren.
Während bei Scarcity das Hauptaugenmerk auf der Begrenztheit der Ressource liegt und der Druck erzeugt wird, schnell zu handeln, geht es beim Social Proof darum, das Vertrauen der Kunden durch die Meinungen und Handlungen anderer zu stärken.
In einigen Fällen können diese beiden Verhaltensmuster kombiniert werden, um die Wirkung zu verstärken, beispielsweise indem begrenzte Angebote mit Kundenbewertungen oder Live-Benachrichtigungen über kürzlich getätigte Käufe verbunden werden, um sowohl Knappheit als auch sozialen Beweis zu vermitteln.
Nudging
Das Nudging-Verhaltensmuster zielt darauf ab, das Verhalten von Menschen auf subtile Weise zu beeinflussen, indem Umgebungsbedingungen oder Hinweise geschaffen werden, die sie in eine bestimmte Richtung lenken, ohne ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken. Im E-Commerce kann Nudging verwendet werden, um Nutzer zu lenken und die Conversion Rate zu steigern, indem man sie dazu ermutigt, bestimmte Aktionen auszuführen oder Entscheidungen zu treffen. Hier sind drei Beispiele für den Einsatz von Nudging in einem Online-Shop:
- Ausgewählte Empfehlungen hervorheben: Anstatt dem Kunden eine Überfülle an Produkten zu präsentieren, kann der Online-Shop eine Auswahl an „beliebten“ oder „empfohlenen“ Produkten hervorheben. Dies kann in Form einer speziellen Kategorie auf der Startseite oder einer separaten Sektion auf der Produktseite erfolgen. Durch das Hervorheben dieser Produkte wird den Kunden subtil signalisiert, dass sie besonders beliebt oder empfehlenswert sind, was ihre Wahrscheinlichkeit erhöht, sie zu kaufen.
- Progressionsanzeige im Checkout-Prozess: Während des Checkout-Prozesses kann eine Fortschrittsanzeige eingeführt werden, die den Kunden zeigt, wie viele Schritte noch zu erledigen sind, bis sie ihre Bestellung abschließen. Dies kann in Form einer Balkenanzeige oder einer prozentualen Fortschrittsanzeige erfolgen. Durch die Visualisierung des Fortschritts werden die Kunden ermutigt, den Checkout-Prozess abzuschließen, da sie sehen können, wie nah sie dem Ziel sind.
- Soziale Bestätigung im Warenkorb: Indem dem Kunden im Warenkorb angezeigt wird, wie viele andere Kunden das gleiche Produkt bereits gekauft haben oder es gerade kaufen, kann soziale Bestätigung erzeugt werden. Dies kann in Form von Live-Benachrichtigungen über kürzlich getätigte Käufe, einer Gesamtanzahl von Kunden, die das Produkt in den letzten Stunden gekauft haben, oder Kundenbewertungen erfolgen. Durch die Darstellung dieser Informationen wird den Kunden subtil signalisiert, dass das Produkt beliebt und vertrauenswürdig ist, was ihre Bereitschaft erhöht, es ebenfalls zu kaufen.
Durch die geschickte Anwendung von Nudging-Techniken können Online-Shops das Verhalten der Nutzer in eine bestimmte Richtung lenken, um die Conversion Rate zu steigern, ohne dabei ihre Entscheidungsfreiheit einzuschränken.
Inner Dialogue
Das Verhaltensmuster „Inner Dialogue“ bezieht sich auf den inneren Dialog oder die Gedanken, die eine Person während des Entscheidungsprozesses führt. Im Kontext des Online-Shoppings bezieht sich Inner Dialogue darauf, wie Kunden mit sich selbst interagieren, während sie Produkte betrachten, Bewertungen lesen und Kaufentscheidungen treffen. Die Anwendung dieses Verhaltensmusters zielt darauf ab, den internen Dialog der Kunden zu beeinflussen, um positive Entscheidungen hervorzurufen und die Conversion-Rate zu steigern.
Hier sind vier Anwendungsfälle von Inner Dialogue, die zu mehr Conversions führen können:
- Betonung von Nutzen und Mehrwert: Während Kunden Produkte betrachten, können durch gezielte Beschreibungen und visuelle Elemente deren Nutzen und Mehrwert hervorgehoben werden. Dies kann den inneren Dialog der Kunden beeinflussen, indem sie dazu ermutigt werden, sich vorzustellen, wie das Produkt ihr Leben verbessern könnte. Beispiele hierfür sind das Hervorheben von Funktionen, die Probleme lösen, und das Präsentieren von Anwendungsszenarien, die den Kunden zeigen, wie das Produkt in ihrem Alltag nützlich sein kann.
- Vertrauensbildende Maßnahmen: Kunden führen oft einen inneren Dialog darüber, ob sie einem Online-Shop vertrauen können oder nicht. Durch die Implementierung vertrauensbildender Maßnahmen wie Sicherheitssiegel, Kundenbewertungen und Rückgaberichtlinien kann der interne Dialog der Kunden positiv beeinflusst werden. Sie können sich sicherer fühlen, wenn sie sehen, dass andere Kunden positive Erfahrungen gemacht haben und dass der Shop vertrauenswürdig ist.
- Dringlichkeit und FOMO (Fear of Missing Out): Ein effektiver Weg, den inneren Dialog der Kunden zu beeinflussen, besteht darin, ein Gefühl der Dringlichkeit zu erzeugen und die Angst vor dem Verpassen einer Gelegenheit zu wecken. Dies kann durch zeitlich begrenzte Sonderangebote, Countdown-Timer für Rabattaktionen oder die Anzeige von begrenzten Lagerbeständen erreicht werden. Kunden können in ihrem inneren Dialog darüber nachdenken, ob sie das Produkt jetzt kaufen sollen, um von dem Angebot zu profitieren, bevor es zu spät ist.
- Positive Selbstbestätigung und Selbstbild: Kunden können einen inneren Dialog darüber führen, wie ein bestimmtes Produkt ihr Selbstbild oder ihre Identität widerspiegelt. Durch die Präsentation von Produkten als Ausdruck eines bestimmten Lebensstils, einer Persönlichkeit oder einer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe können Kunden dazu ermutigt werden, positive Gedanken über sich selbst zu entwickeln und sich mit dem Produkt zu identifizieren. Dies kann zu einer höheren Wahrscheinlichkeit führen, dass sie das Produkt kaufen, um ihr Selbstbild zu stärken.
Durch das Verständnis des inneren Dialogs der Kunden und die gezielte Anwendung entsprechender Maßnahmen können Online-Shops ihre Conversion Rates verbessern, indem sie den Entscheidungsprozess der Kunden positiv beeinflussen.
Loss Aversion
Das Verhaltensmuster „Loss Aversion“ (Verlustaversion) bezieht sich auf die Tendenz von Menschen, Verluste stärker zu fürchten und zu meiden als gleichwertige Gewinne zu suchen. In anderen Worten: Die negative emotionale Reaktion auf den Verlust eines bestimmten Betrags ist stärker als die positive emotionale Reaktion auf den Gewinn desselben Betrags.
Im E-Commerce kann Loss Aversion genutzt werden, um Kunden dazu zu bringen, schneller zum Kauf zu führen, indem man sie dazu bringt, potenzielle Verluste zu vermeiden. Hier sind einige Möglichkeiten, wie Loss Aversion im Online-Shop eingesetzt werden kann:
- Begrenzte Verfügbarkeit und Scarcity-Taktiken: Durch die Hervorhebung der begrenzten Verfügbarkeit eines Produkts kann Loss Aversion ausgelöst werden. Kunden könnten befürchten, dass sie das Produkt verpassen könnten, wenn sie nicht sofort kaufen, was sie dazu ermutigt, schneller eine Kaufentscheidung zu treffen, um den Verlust des Produkts zu vermeiden.
- Kostenlose Versandoptionen mit Mindestbestellwert: Wenn ein Online-Shop eine kostenlose Versandoption anbietet, aber nur für Bestellungen über einem bestimmten Mindestbestellwert, kann dies Loss Aversion auslösen. Kunden könnten sich dazu motiviert fühlen, mehr Produkte zu kaufen, um den „Verlust“ der kostenlosen Versandoption zu vermeiden.
- Rückkehr- und Umtauschrichtlinien betonen: Das Betonen großzügiger Rückgabe- und Umtauschrichtlinien kann ebenfalls Loss Aversion auslösen. Kunden könnten befürchten, dass sie eine schlechte Entscheidung treffen und ihr Geld verlieren könnten, wenn sie das Produkt nicht mögen oder wenn es nicht passt. Die Gewissheit, dass sie das Produkt zurückgeben oder umtauschen können, reduziert diesen Verlustgedanken und ermutigt sie möglicherweise, schneller zu kaufen.
Indem Loss Aversion geschickt genutzt wird, können Online-Shops das Kaufverhalten ihrer Kunden beeinflussen und sie dazu bringen, schneller Kaufentscheidungen zu treffen, um potenzielle Verluste zu vermeiden. Es ist jedoch wichtig sicherzustellen, dass diese Taktiken transparent und ethisch sind, um das Vertrauen der Kunden nicht zu beeinträchtigen.
Doppelwirkung von Loss Aversion und Scarcity
Loss Aversion und Scarcity sind zwei E-Commerce Verhaltensmuster, die oft miteinander verbunden sind und in ähnlichen Situationen angewendet werden können. Der Hauptunterschied zwischen Loss Aversion und Scarcity besteht darin, dass Loss Aversion auf der Angst vor Verlusten basiert, während Scarcity auf die Wertschätzung knapper Ressourcen abzielt.
In einigen Fällen können jedoch beide Konzepte gleichzeitig genutzt werden, um Kunden zu motivieren, schnell Kaufentscheidungen zu treffen, um potenzielle Verluste zu vermeiden und knappe Ressourcen zu sichern.
Hier ein Beispiel, bei dem für die Conversion Optimierung ein Doppelnutzen der E-Commerce Verhaltensmuster Loss Aversion und Scarcity entststeht:
- Vergünstigungen für schnelle Entscheidungen: Ein Online-Shop könnte Vergünstigungen oder zusätzliche Vorteile anbieten, wenn Kunden schnell eine Kaufentscheidung treffen. Zum Beispiel könnten Kunden einen zusätzlichen Rabatt erhalten, wenn sie innerhalb einer bestimmten Zeitspanne kaufen. Diese Taktik löst Loss Aversion aus, da Kunden befürchten könnten, den zusätzlichen Rabatt zu verpassen, wenn sie nicht schnell handeln. Gleichzeitig verstärkt die begrenzte Zeit, in der das Angebot gültig ist, die Scarcity, da Kunden das Gefühl haben, dass sie die Gelegenheit nutzen müssen, um die zusätzlichen Vorteile zu sichern.